Seit einigen Jahren werden in ganz Polen Studien über das Publikum von Kultureinrichtungen durchgeführt. Ebenso hat die Philharmonie Stettin ihr Publikum nach einem Feedback zu ihren Angeboten befragt. Dabei wollten wir in Erfahrung bringen, wer unsere Hörer*innen sind. Der Appetit kommt bekanntlich beim Essen, sodass wir auch weitere Fragen dabei klären wollten: Wie kommt es, dass die einen ein Konzert besuchen, während die anderen entweder lieber zu Hause bleiben oder anderen Aktivitäten nachgehen?
Diese Frage gewann insbesondere durch die Pandemie an Aktualität, als die Gesellschaft zu Hause bleiben musste und danach nur an wenigen Veranstaltungen mit stark eingeschränkten Besucherzahlen wieder teilnehmen konnte. Das war ein Test – wer kommt zurück und warum? Lässt sich diese Frage so eindeutig beantworten?
Diese Überlegungen lagen dem grenzüberschreitenden wissenschaftlichen Projekt „Modelle der Verhaltensweisen von Rezipienten auf dem Markt performativer Künste“, welches von der Mieczyslaw-Karłowicz-Philharmonie in der Partnerschaft mit den Uckermärkischen Bühnen Schwedt umgesetzt wurde, zugrunde. Eine Umfrage wurde in Deutschland und Polen von der Wirtschaftsuniversität Katowice durchgeführt.
Vergnügen erleben und den Alltag hinter sich lassen – damit lassen sich die wichtigsten Gründe für den Konzertbesuch der Pommer charakterisieren. Geradezu 2/3 der Befragten begannen mit dem Besuch von Konzerten aus dem inneren Bedürfnis heraus, Kontakt mit Kunst zu erfahren oder aus der Neugierde nach einem Kunsterlebnis. Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer*innen wies darauf hin, dass sie dazu von anderen Personen (bspw. Schullehrern) animiert wurden. Die meisten ließen sich jedoch nicht nach der Mode richten.
Auf jeden Fall kommen in die Philharmonie Menschen, die in der Arbeit, zu Hause, im Auto Musik hören und häufig einem künstlerischen Hobby nachgehen, so Dr. Jakub Stefek. Das gibt den Kultureinrichtungen ein riesiges Gestaltungsfeld zum Anbieten neuer Veranstaltungen. Dies scheint vor dem Hintergrund der pandemiebedingten Änderung von Verhaltensweisen besonders wichtig – ein Drittel der Befragten meinen, die Änderung wird auftreten; während genauso viele Teilnehmer*innen diese Möglichkeit nicht ausschließen.
Was ist schließlich wichtig für diejenigen, die sich bereits zum Konzertbesuch entschlossen haben? Außergewöhnliche Atmosphäre, ein durchdachter und angemessener Outfit sowie ein Hörkomfort im Konzert. Zusammenfassend sagt Dr. Stefek: „Diese Aspekte des Kulturempfangs können zu Hause womöglich nicht erreicht werden, deshalb sollten insbesondere die Kultureinrichtungen darauf setzen, wenn sie Zuschauer und Hörer wieder in ihre Häuser einladen“.
Das grenzüberschreitende wissenschaftliche Projekt war eine der Aktivitäten im Rahmen der deutsch-polnischen Online-Konferenz „EduFilharmonie – neue Herausforderungen in der Musiktherapie“. Bei dieser im Juni stattfindenden Veranstaltung setzten sich Experten und Praktiker aus verschiedenen Bereichen der Kunst mit der Rolle der Musik beim Umgang mit den Pandemiefolgen auseinander. Das Projekt gehört zu einer Vielzahl von internationalen Vorhaben, welche von der Philharmonie Stettin mit Partnern aus Polen und Europa realisiert.
Projekt „Deutsch-polnische Online-Konferenz: EduFilharmonie – neue Herausforderungen in der Musiktherapie“ wird durch die Europäische Union aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Staatshaushalt (Fonds für kleine Projekte im Rahmen des Kooperationsprogramms INTERREG V A Mecklenburg-Vorpommern / Brandenburg / Polen) mitfinanziert.
Sehen Sie sich die Ergebnisse des Forschungsprojektes an.